Stadtblick: Josef Kleier

Stadtblick: Josef Kleier

Veröffentlicht am 02.07.2025


Josef Kleier war bis zu seiner Pensionierung Ende 2017 Erster Stadtrat und damit Stellvertreter des Bürgermeisters in Vechta.

Auch im Ruhestand ist der Jurist alles andere als inaktiv: Ein Weiterarbeiter, engagiert, bestens vernetzt und mit viel Herzblut setzt er sich ehrenamtlich für die Region ein.


Herr Kleier, über 30 Jahre lang haben Sie als Jurist und Erster Stadtrat die Entwicklung der Stadt Vechta maßgeblich mitgestaltet. Der Übergang in den Ruhestand kam für Sie recht abrupt. Wie haben Sie diesen neuen Lebensabschnitt wahrgenommen?

Josef Kleier: Von Ruhestand kann ehrlich gesagt keine Rede sein. Bereits seit dem 1. Februar 2018 arbeite ich als Jurist in der arbeitsrechtlichen Beratungsstelle für Arbeitsmigranten beim Caritas-Sozialwerk in Lohne. Tausende Arbeitnehmer aus Osteuropa und Geflüchtete leisten einen enormen Beitrag zum Wohlstand unserer Region. Viele von ihnen kennen jedoch unser Arbeitsrecht und Sozialsystem kaum. Sie stoßen durch Sprachbarrieren schnell an ihre Grenzen - das macht sie anfällig für Ausbeutung. Umso wichtiger ist es, dass die Landkreise Vechta und Cloppenburg gemeinsam mit dem Offizialat diese Beratungsstelle unterstützen.

Nach vielen Jahren in leitender Funktion und als ehrenamtlicher Arbeitsrichter für die Arbeitgeberseite eröffnet mir diese Aufgabe noch einmal einen neuen - manches Mal beschämenden - Blick auf die Arbeitswelt. Das empfinde ich als sehr bereichernd.

Viele Ruheständler verabschieden sich vollständig aus Verantwortung und öffentlichen Ämtern. Bei Ihnen ist das anders - wie kam es dazu?

Josef Kleier: Ich beobachte das kommunalpolitische Geschehen immer noch mit großem Interesse - wenn auch eher aus der Distanz. Beim Thema Zentralkrankenhaus habe ich mich jedoch aktiv eingebracht. Ich finde es bedauerlich, dass bei dieser Jahrhundertentscheidung der Mut zu einer zukunftsorientierten Lösung auf der grünen Wiese nicht aufgebracht wurde.

Mein ehrenamtliches Engagement war mir stets wichtig - bereits während meiner Zeit als Erster Stadtrat. Und das habe ich danach konsequent fortgeführt: Ob bei der Bürgerstiftung Vechta, als Seniorexperte für Auszubildende bei VerA, im Vorstand des Stadtmarketingvereins MOIN Vechta e.V. oder in anderen Projekten - ich bin überzeugt, dass ehrenamtliches Engagement in unserer zunehmend individualisierten Gesellschaft unverzichtbar ist.

MOIN Vechta steht beispielhaft für den Erhalt lokaler Kaufkraft. "Lokal kaufen" ist mehr als eine wirtschaftliche Notwendigkeit - lebendige Innenstädte gehören zu unseren Kulturgütern, die es zu bewahren gilt. MOIN Vechta mit der Geschäftsführerin Maleen Kordes und den ehrenamtlich engagierten Vorstandsvorsitzenden Peter gr. Beilage und Tobias Weiss leistet hier für Vechta hervorragende Arbeit.

In Ihren letzten Berufsjahren haben Sie sich stark für die Sportentwicklung in Vechta eingesetzt. Was waren dabei die Schwerpunkte?

Josef Kleier: Sport spielt in meinem Leben eine zentrale Rolle - sowohl privat als auch beruflich. Die Entwicklung Vechtas zur Sportstadt war mir daher ein echtes Herzensanliegen. Viele Projekte waren politisch umkämpft, wie etwa Ende der 1980er-Jahre der Golfplatz in Welpe.

Aber am Ende erfolgreich: die Verlagerung der Tennisanlagen an den Dornbusch, der Bau einer wettkampftauglichen Sporthalle bei der Christophorusschule, der Tribünenbau Hasenweide oder der von mir initiierte Sportentwicklungsplan, der unter anderem die Anlagen des SFN Vechta am Bergkeller und des VfL Oythe auf dem Oyther Berg umfasste. Mir geht das Herz auf, wenn ich die vor 10 Jahren geplanten neuen Sportanlagen besuche!

Diese Projekte waren nur durch das Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und ehrenamtlich engagierten Vereinen möglich. Gemeinsam geht was.

Was ist aus Ihrer Sicht heute besonders wichtig in der kommunalen Sportpolitik?

Josef Kleier: Mein Ziel war immer die bestmögliche Nutzung der Investitionen - wie bei der von der Stadt finanzierten Leichtathletikanlage an der Universität Vechta. Sie dient heute sowohl dem Vereinssport, dem Schulsport als auch der universitären Ausbildung - eine win/win/win Situation und wichtiger Standortfaktor für die Sicherung der Universität Vechta.

Kommunale Schulsportanlagen sollten grundsätzlich bestmöglich genutzt werden und auch für den Vereins - und Breitensport offenstehen - das möglichst ganzjährig. Da haben wir schon viel erreicht, aber es ist noch Luft nach oben. Ein Blick nach Dänemark zeigt, wie es gehen kann: Dort sind Sporthallen rund um die Uhr geöffnet, für junge Menschen ein Stück Heimat, was maßgeblich zum Erfolg der Nationalteams beiträgt.

Wie Welthandballer Matthias Gidsel betont: "Ohne offene Hallen rund um die Uhr gäbe es unsere internationalen Erfolge nicht." Für Vechta wäre es bereits ein großer Fortschritt, wenn die Sporthallen auch während der Ferienzeiten länger zugänglich wären.

Darüber hinaus sehe ich im Sport - genauso wie im Ehrenamt - eine enorme gesellschaftliche Kraft. Weltweit erleben wir derzeit ein Wanken demokratischer Grundwerte, den Aufstieg von Autokraten, Populisten und rechtsextremen Parteien sowie eine zunehmende Verrohung des gesellschaftlichen Diskurses - auch in Deutschland. Pöbeleien in den sozialen Medien, Fake-News, populistische Zuspitzungen: Der öffentliche Meinungsaustausch ist vielfach respektlos geworden.

Sport und Ehrenamt wirken dem entgegen - durch Gemeinschaft, Fairness, Engagement und persönliche Begegnung. Sie schaffen Räume für gegenseitigen Respekt, Teilhabe und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gerade in Zeiten wie diesen brauchen wir mehr davon.

Sportlich sind Sie auch privat aktiv. Erzählen Sie uns davon!

Josef Kleier: Sport begeistert mich - sowohl als Aktiver als auch als Zuschauer. Ich reise gerne zu nationalen und internationalen Handballevents, zuletzt etwa zur Olympiade in Paris. Vechta kann sich im Sportvergleich absolut sehen lassen: mit den Handballerinnen des SFN Vechta (3. Liga), den Volleyballerinnen des VfL Oythe (2. Liga) und natürlich mit RASTA Vechta in der Basketball-Bundesliga.

Seit dem Bau des RASTA DOMs 2012 hat sich RASTA bundesweit nachhaltig etabliert - ein echter Gewinn für den Standort Vechta.

Als Geschäftsführer der Bürgerstiftung freut es mich besonders, dass wir unsere Bürgerparty am 15. November bereits zum sechsten Mal dort feiern dürfen. Und laut Rasta Boss Stefan Niemeyer geht die Erfolgsgeschichte weiter!

Sie waren selbst ein erfolgreicher Handballspieler - unter anderem beim TV Cloppenburg, in Münster-Hiltrup und beim SFN Vechta. Was verbinden Sie mit dieser Zeit?

Josef Kleier: Besonders während meines Studiums in Münster war das eine sehr intensive und erfolgreiche Zeit: Wir sind mit der Uni Münster mehrfach Deutscher Hochschulmeister geworden - eine Truppe mit vielen Bundesligaspielern, sogar ein paar Nationalspieler waren dabei. Noch wichtiger als die sportlichen Erfolge war aber das Miteinander im Team und die Verbindungen, die bis heute bestehen. Gerade die schrecklichen Ereignisse der heutigen Tage erinnern mich an eine Reise unserer Uni-Mannschaft nach Jerusalem und Beer Sheba (Israel) in den 1980er-Jahren.

Sie pflegen diese Kontakte bis heute - unter anderem mit gemeinsamen Reisen. Wie sieht das aus?

Josef Kleier: Richtig, ich organisiere regelmäßig Treffen mit ehemaligen Mitspielern - vor allem aus dem Uni-Team. Das braucht in der Vorbereitung manchmal Geduld, aber die Freude an der Begegnung ist jedes Mal groß. Der Sport verbindet - weit über die aktive Zeit hinaus. Meinen Freund Diethard von Boenigk (ex-TBV Lemgo) habe ich vor fast 50 Jahren kennengelernt, ich bin sein Trauzeuge und Pate seines Sohnes Jan. Mitte August fahre ich mit ihm und einer kleinen Truppe nach Doboj (Bosnien) - Anlass ist auch dort ein großes internationales Handballturnier. Der Sport steht dabei nicht so sehr im Vordergrund. Die Reise auf den Balkan bietet mit Locals die Gelegenheit, Land und Leute jenseits des Pauschaltourismus kennenzulernen - und Freundschaften zu pflegen. Für mich ist das ungemein bereichernd.

"Der wahre Luxus des Lebens: Gute Freundschaften!"

Wir bedanken uns für das Interview.


Gemeinsam für Chancen

Bürgerstiftung Vechta
www.buergerstiftung-vechta.de

MOIN VECHTA e.V.
www.moinvechta.de

VerAplus
www.vera.ses-bonn.de
VerAplus oder Verbesserung von Ausbildungserfolgen ist ein bundesweites Mentoringprogramm des Senior Expert Service. Es bringt junge Menschen, denen die Ausbildung schwerfällt, mit ehrenamtlichen Fachleuten im Ruhestand zusammen: VerAplus hat bereits mehr als 25.000 Auszubildenden geholfen - kostenlos!

Beratungsstelle für Arbeitsmigranten
www.caritas-sozialwerk.de/beratung/beratungsstelle-fuer-werkarbeiter/beratungsstelle-fuer-werkarbeiter


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